6. Die Schuld meines Volkes war größer / als die der Bewohner von Sodom, / deren Stadt ganz plötzlich unterging, / ohne dass eine Hand daran rührte.
7. Reiner als Schnee waren ihre Geweihten / und weißer als Milch; / rosiger als Schmuckstein ihr Körper, / wie Saphir ihre Gestalt.
8. Schwärzer als Ruß sind sie jetzt, / man erkennt sie nicht auf der Straße; / faltig hängt ihre Haut auf den Knochen, / trocken wie ein Stück Holz.
9. Den durchs Schwert Gefallenen ging es besser / als den durch den Hunger Gefällten, / die langsam verendeten, / gequält vom Mangel an Feldfrucht.
10. Die Hände zärtlicher Frauen / haben die eigenen Kinder gekocht. / Als mein Volk zusammenbrach, / dienten sie ihnen als Speise.
11. Ausgebrannt hat Jahwe seinen Grimm, / ausgegossen die Glut seines Zorns. / In Zion hat er ein Feuer entzündet, / das selbst die Grundmauern fraß.
12. Kein König hätte es geglaubt, / kein Mensch auf dieser Welt, / dass je ein Bedränger und Feind / in die Tore Jerusalems käme.
13. Wegen der Schuld ihrer Propheten, / wegen der Sünden ihrer Priester, / die in ihrer Mitte / das Blut von Gerechten vergossen,
14. wankten sie blind durch die Gassen, / besudelt mit Blut, / sodass man ihre Kleider / nicht berühren mochte.
15. "Fort, ihr seid unrein!", rief man ihnen zu. / "Fort mit euch, rührt uns nicht an!" / Da flohen sie und wussten nicht wohin. / Bei den Völkern sagte man: "Für sie ist kein Platz unter uns."
16. Jahwe hat sie im Zorn zerstreut, / er blickt sie nicht mehr an. / Den Priestern zollt man keine Ehrfurcht, / nicht einmal Greise werden verschont.
17. Wir schauten uns die Augen aus / auf der Suche nach Hilfe - umsonst. / Wir spähten auf dem Wachtturm / nach einem Volk, das gar nicht helfen kann.
18. Sie hinderten uns, / die Plätze unserer Stadt zu betreten. / Das Ende nahte, unsre Zeit war um. / Da kam unser Ende.